... oder wie der Mika zu uns kam
Hände kommen auf mich zu, weiter
zurück kann ich nicht mehr und zum Weglaufen bin ich zu schwach. Ich dachte,
hier zwischen den Müllcontainern, das wäre ein guter und sicherer Platz. Das
Mädchen scheint aber ein netter Mensch zu sein, sie hält mich liebevoll und
redet beruhigend auf mich ein. Meine Angst legt sich langsam, während sie mit
mir ein Stück geht. Dann wird es doch wieder laut. Wo bin ich? Noch mehr
Menschen! Mein kleines Herz puckert wild, aber ich bin zu schwach mich zu
wehren. Diese Neuen überhäufen mich ebenfalls mit wohlklingenden Worten und ich
merke, dass sie mir nichts tun werden. Ich werde in eine Kiste gesetzt und sie
stellen mir etwas zu Essen hin. Leider kann ich damit gar nichts anfangen. Ich weine und frage mich, wie es nur soweit
kommen konnte. Wo ist meine Mama und wo meine Geschwister? Ja, bei Mama war es
schön, da gab es immer genug zu essen und sie war sooo weich und warm, wenn wir
uns alle an sie ankuschelten. Oh, wie sie mir fehlen! Ich habe Hunger und bin
müde. Zur Ruhe komme ich hier nicht, es riecht alles ganz anders und die Kiste
ist auch recht unbequem. Vielleicht sollte ich einfach nochmal meine Familie
rufen.
Schon wieder greifen Hände nach
mir, es wird mir das Fleisch vor die Nase gehalten und auf mich eingeredet. Ich
weine wieder. Nun komme ich in eine andere Kiste. Diese ist schon etwas
schöner. Riecht wieder anders, irgendwas Vertrautes ist dabei. Aber auch hier
ist meine Mama nicht. Warum hört sie mich nicht? Vielleicht werde ich ja jetzt
zu ihr gebracht. Ein weiteres Geräusch, es klingt etwas gedämpfter als sonst,
aber ich kenne es und es bedeutet Gefahr. Meine Angst wird immer größer, ich
kann nirgends hin. Wieder weiß ich mir nicht zu helfen und rufe so laut ich
kann meine Mama.
So ungefähr muss es sich für den
kleinen Mika angefühlt haben, als wir ihn aus einer Gaststätte in Halberstadt
abgeholt haben und nun, mit dem Auto, auf dem Weg zum Bereitschaftstierarzt
waren. Da saß nun dieses kleine Häufchen Elend in unserer großen Katzentransportbox
und miaute herzzerreißend.
Der Tierarzt, ich glaube es war
wohl eher ein "Hundemensch", ging nicht gerade zärtlich mit ihm um.
Er machte uns auch keine Hoffnung: So klein, so schwach und dann noch
Katzenschnupfen.... Er gab ihm trotzdem eine Spritze.
Endlich zu Hause angekommen,
schaute mein Mann ihn sich an sagte nur: "Ach du lieber Gott." Als
nächstes versuchten wir es mit Katzenfutter, welches ich noch mit einer Gabel
zerdrückte. Keine Reaktion. Er schnupperte nicht mal daran. Ich streichelte ihn
und redete ihm gut zu: "Du musst doch groß und stark werden!" Das
Übliche eben, was man in solchen Situationen von sich gibt. In der Hoffnung, es
ist erst mal ausreichend, flösste ich ihm mit einer Spritze etwas Wassser ein.
Es wurde der Bastkorb hergeholt, der eh nur als Deko rumstand und zu einem
weichen Lager umfunktioniert. Vor der Heizung im Bad ist es schön warm, dort
stellten wir ihn hin und schlossen die Tür, damit er ungestört war.
Nun ging es mir schon etwas
besser, ich fühlte mich auf alle Fälle schon mal sicher. Mein Durst wurde
gestillt und ich lag in einem kuscheligen und warmen Bett. Ich fing an, von
meiner Mama zu träumen.
Als ich das nächste Mal nach dem
Rechten schauen wollte, sah ich nicht, ob er noch atmete.
" Ich glaube die kleine Katze stirbt
gerade!" rief ich aufgeregt meinem Mann zu. Er hob sie hoch, das kleine
Köpfchen viel schwer in seine Hand. "Sie ist schon tot." sagte er.
Mein Herz puckerte, mir fielen die
Worte des Tierarztes wieder ein, es wurde mir flau im Magen.
Ein tiefer Atemzug durchfuhr den
kleinen Körper, der Kopf hob sich und er blinzelte uns müde an ... Tot gesagt
leben länger! Er war einfach nur müde und musste Kraft tanken. Ich war
erleichtert. Noch ein bisschen Wasser aus der Spritze und wir liessen ihn
weiter schlafen.
Das nächste Mal wach hob ich sie
aus ihrem "Nest" an der Heizung. Die Streicheleinheiten wurden
dankbar entgegengenommen. Stehen konnte das kleine schwarze Fellknäul
allerdings nicht, so geschwächt war es. Ihm einen Namen zu geben traute ich mir
noch nicht, hatte Angst vor der Bindung und der eventuell folgenden Trauer.
Am nächsten Morgen öffneten wir
vorsichtig und voller Spannung die Tür. Neugierig schauten uns zwei große Augen
an. Wir schauten freudestrahlend zurück. Meine Tochter Lotta wurde beauftragt,
sich um die kleine Katze zu kümmern, während ich Futter besorgen wollte.
Aus dem Katzenhaus, es war Sonntag
und kein Geschäft hatte geöffnet, holte ich Katzenaufzuchtmilch. Wieder zu
Hause setzte ich alles nach Vorschrift an und hoffte, dass er es auch trinkt.
Zwei Milliliter, das war die 1. Mahlzeit. Mir kam es nicht viel vor, aber
besser als gar nichts. Weiter ging es mit Schlafen.
Langsam aber sicher steigerte sich
die Milchmenge und am Montag lief er schon tretelnd und schnurrend in unserer
Küche rum. Nun war es Zeit für einen Namen. "Mika" machte das Rennen.
Am Dienstag fuhren wir zu unserem
Tierarzt, dort stellte sich heraus, dass es ein kleiner Kater war, der da
schnurrend und kuschelnd auf dem großen Untersuchungstisch saß. "Der will
leben!" sagte die Tierärztin. Es gab nochmal eine Spritze zur Stärkung,
die das Schnurren aber nicht abbrechen ließ. Tapferes kleines Kerlchen.
Es war schön anzusehen, wie er von
Tag zu Tag kräftiger wurde. Inzwischen reichte die Kraft schon für allerhand
Spielereien. Am liebsten wurde der Knoblauch aus dem Korb geholt, vom Schrank
gespielt oder der Kräutertopf zerpflückt. Danach schlief er meist am
"Tatort" erschöpft ein.
Mein neues Heim ist richtig
schön. Es gibt immer ausreichend zu fressen, denn inzwischen habe ich das
Katzenfutter kennen und lieben gelernt. Neuerdings gibt zwar nur noch
Trockenfutter vom Tierarzt, weil es besser für meine Zähne ist, aber dafür gibt
es auch einmal am Tag frische Hähnchenbrust. Wenn sie es zurecht macht, sitze
ich direkt neben ihr auf dem Schrank und bekomme immer das erste Häppchen.
Und das Beste, ich bin hier
nicht allein. Hier sind noch andere Tiere. Da ist z.B. das Lieschen, ich sage
mal, sie ist meine große Schwester. Und was macht man mit großen Schwestern?
Richtig! Ärgern! Sie faucht mich dann zwar immer an und meine neue Mama sagt
dann:"Miiiikaaa, lass das Lieschen in Ruhe!" Dann setze ich mich kurz, drehe meine Ohren in ihre
Richtung und sie freut sich nun, dass
ich so schön höre. Aber wenn sie nicht mehr hinschaut mache ich weiter. Es gibt auch friedliche Momente mit meiner
Schwester. Wenn sie schon in dem großen Bett schläft und ich mich dann ganz
leise dazu lege.
Gern spiele ich auch mit Jette.
Jette ist ein Staffordshire Terrier. Sie ist erst neu dazu gekommen. Aber wenigstens
weiß sie, wie man richtig spielt. Da wird nicht gefaucht und nicht gejammert.
Vor allem werde nicht ich in die Schranken verwiesen, denn meine Mama ruft:
"Jette, nicht so doll, immer schön langsam!" Jette weiß allerdings
noch nicht, wie man die Mama austrickst und kurz hört. Wenn es mir zu bunt
wird, springe ich einfach schnell auf den Tisch.
Aus dem verlorengeglaubten
Stadtfindelkind ist nun ein wunderschöner, kleiner, frecher Kater geworden.
Jetzt an den Weihnachtstagen,
hatten wir Angst um unseren Weihnachtsbaum, da der kleine Räuber meinte, das
doch der beste Platz mitten im Baum ist. Da aber ernsthafte Gefahr bestand,
dass der Hund ihn dort entdeckt und hinterher springt, waren wir froh, dass er
nach dem zweiten Mal "Schimpfen" nicht mehr hineinging.
Im Januar ist er groß genug für die
Kastration, außerdem hat er einen Nabelbruch, der noch geschlossen werden muss.
Wir sind froh, dass wir ihn haben,
er schenkt uns viel Freude!!!
Was für eine herzallerliebste Geschichte!
AntwortenLöschenSchön, dass du ihn aufpäppeln konntest... Katzen sind ja soo dankbar und klug!
Sie geben einem so viel zurück an Liebe!
Ich könnte nie ohne Katzen leben.
LG Susi
Liebe Susi, ich könnte auch niemals ohne Katzen sein. Ich mag ihren Eigensinn.
AntwortenLöschen"Ein Hund denkt: Die Menschen geben mir ein Haus, sie füttern mich, sie spielen mit mir ... das müssen Götter sein.
Eine Katze denkt: Die Menschen geben mir ein Haus, sie füttern mich, sie spielen mit mir ... ich muss ein Gott sein."
Der Mika ist ein schöner, kleiner, aber liebenswerter Haudegen geworden. Er hat noch etwas Rotz, aber ich denke das verwächst sich noch, der Tierarzt meinte, dass es ein anatomisches Problem ist.
LG Kati